Die Möhlstraße
Die Möhlstraße in Bogenhausen wurde in der direkten Nachkriegszeit zum Lebensmittelpunkt der jüdischen Displaced Persons. Die Alliierten hatten unmittelbar nach Kriegsende begonnen, Gebäude in der Gegend des Friedensengels zu beschlagnahmen und an Hilfsorganisationen zu vergeben. Der Joint (American Jewish Joint Distribution Committee), HIAS (Hebrew Immigrant Aid Society) und auch das selbstverwaltete Zentralkomitee der befreiten Juden bekamen dort Büros. Hunderte jüdische DPs kamen täglich aus München und den DP-Lagern im Umland hierher, um Lebensmittel, Kleidung und Informationen zu überlebenden Familienmitgliedern zu suchen.

Schwarzmarkt und Razzien in der Möhlstraße
Nach 1945 wurde die fast unzerstörte Straße durch die US-Militärregierung zum Sitz zahlreicher Hilfsorganisationen für jüdische DPs. Diese neue zentrale Rolle der Möhlstraße und ihr reger Publikumsbetrieb regten auch die Wirtschaftstätigkeit an. Zunächst begann dort nach 1945 ein überschaubarer Schwarzhandel. Nach der Währungsreform 1948 nahm dieser Handel stark zu und immer mehr Akteurinnen und Akteure, jüdische wie nicht-jüdische, stiegen ins Geschäft mit illegalen Waren und Währungstausch ein. Gleichzeitig aber wurden auch offizielle Geschäfte eröffnet. Über einhundert kleine und mittelgroße Geschäfte, oftmals in einfachen Holz- und Steinbauten, wurden vorgelagert auf den Grundstücken der Villen errichtet und prägten das Bild der Möhlstraße bis in die Mitte der 1950er-Jahre. Auch zahlreiche Cafés und Restaurants wurden eröffnet.
Juli 1947: Demonstration gegen die Rückführung der Passagiere des Einwandererschiffs „Exodus 1947“
Im Jahr 1947 versuchten 4 500 Jüdinnen und Juden mit dem Einwandererschiff „Exodus“ nach Palästina zu gelangen. Die britischen Behörden verweigerten die Einreise. Displaced Persons demonstrierten auch in München gegen die Abweisung jüdischer Geflüchteter in Palästina. Sie kamen aus den DP-Lagern sowie aus München und versammelten sich in der Möhlstraße. Der Demonstrationszug ging vorbei am Friedensengel, dem Haus der Kunst und der Theatinerkirche bis zum britischen Konsulat.


August 1949: Demonstrationen gegen die unkommentierte Veröffentlichung eines antisemitischen Leserbriefs in der Süddeutschen Zeitung
Im August 1949 demonstrierten Displaced Persons in der Möhlstraße gegen die Süddeutsche Zeitung. Am 9. August hatte die Zeitung unkommentiert einen antisemitischen Leserbrief veröffentlicht. Darin heißt es: „... geht doch nach Amerika, aber dort können sie euch auch nicht gebrauchen, sie haben genug von diesen Blutsaugern.“ Unterzeichnet ist der Leserbrief mit „Adolf Bleibtreu“. Die Demonstrierenden forderten die Zurückziehung der Lizenz der Süddeutschen Zeitung. Vom Hof der Synagoge in der Möhlstraße 45 begaben sich die Demonstrierenden auf den Weg zur Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Sofort griff die deutsche Polizei ein und schoss in die Menge. Drei Demonstranten und 38 Polizisten wurden verletzt. Amerikanische Panzer riegelten die Möhlstraße ab. Am Tag danach titelte die New York Times: „Deutsche Polizisten schießen auf Juden!“